Führungskräfte und gesellschaftlicher Zusammenhalt: DFG bewilligt neue Kolleg-Forschungsgruppe an der Goethe-Universität
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Führungskräfte und gesellschaftlicher Zusammenhalt: DFG bewilligt neue Kolleg-Forschungsgruppe an der Goethe-Universität


Wie können Führungskräfte das Gemeinschaftsgefühl der Beschäftigten fördern, um so Kooperationsbereitschaft, Wohlbefinden und Resilienz zu verbessern? Dieser Frage widmet sich die neue Kolleg-Forschungsgruppe aus Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität unter dem Titel „Führung neu denken: Identitätsbasierte Führung als gruppenorientiertes Instrument zur Analyse und Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit“ bzw. „Goethe Leadership Centre – Centre of Advanced Studies“. Beantragt wurde das Kolleg von Rolf van Dick, Professor für Sozialpsychologie, und Michael Kosfeld, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation und Management. Angesiedelt sein wird das Centre am Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg.

„Die neue Kolleg-Forschungsgruppe trifft den Nerv unserer Zeit. Das Auseinanderdriften der Gesellschaft, wie wir es seit einigen Jahren beobachten müssen, bedarf dringend einer ganzheitlichen Betrachtung. Dass die Arbeitswelt eine wichtige Rolle für die Gesamtgesellschaft spielt, liegt auf der Hand. Ich freue mich, dass an der Goethe-Universität die wissenschaftliche Basis für die richtige Weichenstellung gelegt wird“, sagt Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff.

„Wir sind sehr stolz darauf, dass unser Antrag bewilligt wurde. Der Brückenschlag zwischen Psychologie und Wirtschaftswissenschaften war wohl sehr überzeugend. Wir wollen die Neukonzeption von Führung in einer polarisierten Welt ermöglichen – mit evidenzbasierten Instrumenten für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagt Prof. Rolf van Dick, der zunächst als Sprecher fungieren wird. Es handele sich um die erste Kolleg-Forschungsgruppe die die DFG in der Psychologie je bewilligt hat.

Dass die Art und Weise der Führung über die Identifikation einer Gruppe als solcher entscheidend ist, sei eigentlich trivial, erklärt van Dick. Es sei ein großer Unterschied, ob eine Person in herausgehobener Stellung für andere den Kurs vorgebe oder ob es ihr zu vermitteln gelänge: „Ich bin einer von euch, setze mich für die Gruppe ein, für unsere gemeinsamen Ziele“. Dieses Konzept von „identity leadership“ sei jedoch ergänzungsbedürftig: Denn das Hineinwirken in die eigene Gruppe und das Verwirklichen von Gruppeninteressen allein mache noch keine integrative Führungsfigur, wie das Beispiel von US-Präsident Trump deutlich macht.
Nun wollen van Dick und Kosfeld gemeinsam ein Konzept entwickeln für das Forschungsprogramm der nächsten vier Jahre. Dabei soll ein Modell von identitätsstiftender Führung (weiter)entwickelt werden, das Erkenntnisse aus beiden Fächern integriert sowie den Gedanken von Allgemeinwohl und von „shared leadership“. Identitätsstiftende Methoden der Führung sollen auch kulturvergleichend evaluiert werden. „Hier wollen wir auch qualitativ vorgehen und offen fragen. Vielleicht gibt es in anderen Kulturen ganz andere Formen der identitätsstiftenden Führung“, sagt van Dick.

Die Kolleg-Forschungsgruppe kann auf umfangreiche Vorarbeiten der beiden Hauptantragsteller aufbauen: In der Psychologie hat Rolf van Dick, der zu den meistzitierten Wissenschaftlern der Goethe-Universität zählt, mit seinem Team das Konzept der Identity Leadership im Rahmen des globalen GILD-Netzwerks weltweit untersucht und gezeigt, wie Identifikation mit Innovation, Vertrauen und reduzierter Erschöpfung zusammenhängt. Während der Corona-Pandemie konnte er belegen, dass ein identitätsstiftender Führungsstil bei den Beschäftigten pandemiegerechte Verhaltensweisen stärkte. Auf der wirtschaftswissenschaftlichen Seite zeigen die Experimente von Michael Kosfeld, wie sich die Verbundenheit mit einem gemeinsamen Ziel auf die Kooperationsqualität im Team auswirkt. „Michael Kosfeld und ich wissen, dass wir gut zusammenarbeiten. Wir haben zwar unterschiedliche Methoden und Ideen, aber wir untersuchen dieselben Phänomene“, sagt van Dick.

Die neue Kolleg-Forschungsgruppe umfasst ein Fellowship-Programm mit Rudolf Kerschreiter und Alex Haslam als dauerhaften Fellows, 20 weiteren Senior- und Juniorfellows sowie 60 Kurzzeitgästen. Im Sinne der Nachwuchsförderung sind zwei Postdoc-Stellen vorgesehen, eine W1-Professur (Tenure Track) und eine hälftige Vergabe der Fellowships an Nachwuchskräfte. Jedes Jahr soll es einen Workshop geben, alle zwei Jahre eine Konferenz. In einem wöchentlichen Forum tauschen sich die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeitnah über aktuelle Fragen und Ergebnisse aus. Im Sommer 2026 will man mit der Besetzung der Stellen beginnen, für Herbst/Winter 2026 werden die ersten Fellows nach Frankfurt eingeladen.

Für die erste Förderphase stehen etwas mehr als 3 Millionen Euro zur Verfügung. Auch für eine zweite Förderphase, die nach vier Jahren zu beantragen wäre, haben van Dick und Kosfeld schon Überlegungen angestellt: „Eingebettet in Frankfurts Forschungslandschaft mit dem Center for Leadership and Behavior in Organizations (CLBO) und dem Frankfurt Laboratory for Experimental Economic Research (FLEX), würden wir das Spektrum um Themen wie KI, Digitalisierung oder dem demographischen Wandel erweitern“, stellt Rolf van Dick in Aussicht.

Kolleg-Forschungsgruppen sind ein speziell auf geistes- und sozialwissenschaftliche Arbeitsformen zugeschnittenes Förderangebot. Das Format ermöglicht ein Zusammenwirken besonders ausgewiesener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Weiterentwicklung eines geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsthemas an einem Ort. Die Beteiligten finden dabei Gelegenheit, selbst intensiv zu forschen; zudem ist ein Fellow-Programm für Gäste aus dem In- und Ausland vorgesehen, die für bis zu zwei Jahre eingeladen werden und anschließend mit der Kolleg-Forschungsgruppe verbunden bleiben. Die Gesamtförderdauer beträgt bis zu acht Jahre.

Für eine weitere Förderperiode wird die Forschungsgruppe QUAST um ihre Sprecherin Prof. Maria Roser Valentí von Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität verlängert. Als Verbund mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht QUAST, wie sich die Eigenschaften neuer Materialien besser vorhersagen lassen. Die Forschenden beschäftigen sich mit der Entwicklung der sogenannten Vielteilchentheorie, um zuverlässige quantitative Vorhersagen topologischer und dynamischer Quantenphänomene in Festkörpern zu erreichen. Die Eigenschaften vieler neuartiger Quantenmaterialien, wie die vor kurzem entdeckten Weyl-Kondo-Semimetalle, basieren auf räumlich-zeitlichen elektronischen Korrelationen, deren Vielteilchen-Natur schwer mathematisch zu beschreiben ist. QUAST will diese Herausforderung durch koordinierte theoretische Methodenentwicklungen und konzertierte Experimente angehen. Die Forschungsgruppe wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gemeinsam mit dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und dem Schweizerischen Nationalfonds (SFN) im Rahmen der D-A-CH-Zusammenarbeit gefördert.



Porträts der beiden Sprecher Rolf van Dick und Michael Kosfeld zum Download unter: Link einsetzen.

Bildtext: Michael Kosfeld und Rolf van Dick haben bei der DFG erfolgreich eine interdisziplinäre Kolleg-Forschungsgruppe beantragt. (beide Bilder: Uwe Dettmar)

Attached files
  • Prof. Dr. Rolf van Dick ist Sprecher der neuen Kolleg-Forschungsgruppe. (Foto: GU/Uwe Dettmar)
  • Prof. Dr. Michael Kosfeld hat bei der DFG gemeinsam mit Prof. Dr. Rolf van Dick eine Kollegforschungsgruppe eingeworben. (Foto: GU/Uwe Dettmar)
Regions: Europe, Germany, Switzerland, United Kingdom, North America, United States
Keywords: Society, Economics/Management, Psychology

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