Wie viele Insekten fliegen am Himmel über den USA?
en-GBde-DEes-ESfr-FR

Wie viele Insekten fliegen am Himmel über den USA?


Rund 100 Billionen Insekten fliegen an einem Sommertag am Himmel über den USA, schätzen Forschende von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und aus den USA. Mit Hilfe von Wetterradaren haben sie erstmals die Menge der Fluginsekten über dem US-Festland abgeschätzt.
  • Forschende nutzten Daten von 140 Wetterradaren, um die Insektenmenge über den ganzen USA abzuschätzen.
  • Die Insektenmenge blieb dort in den letzten zehn Jahren stabil, aber regional gab es grosse Zu- und Abnahmen.
  • Die Methode soll helfen, die Insektenhäufigkeit grossflächig zu überwachen.
Obwohl im Luftraum Abermillionen von Lebewesen fliegen, fressen und sich fortpflanzen, ist dieser Lebensraum kaum erforscht. Insekten stehen durch den globalen Wandel und menschliche Aktivitäten weltweit unter wachsendem Druck. Wie sich das grossflächig auswirkt, ist schwierig abzuschätzen, weil die Insektenüberwachung bisher weitgehend auf wenige Arten und Orte beschränkt war.

Eine automatisierte, günstige und grossflächige Methode, sie im Luftraum zu überwachen, können Wetterradare sein, von denen viele Länder grosse Netzwerke besitzen. Sie «schauen» nach oben, um Wolken und Niederschlag zu beobachten, und «sehen» dabei auch alles andere, was dort fliegt. Algorithmen können daraus die Signale von Insekten herausfiltern, deren Flugmuster auf Radarbildern typische Spuren hinterlassen.

In den USA sind Wetterradardaten frei zugänglich. Das nutzten Elske Tielens von WSL und zwei US-Kollegen, um die weltweit erste Schätzung der Insektenmenge über dem US-Festland zu machen: An einem durchschnittlichen Sommertag fliegen gut 100 Billionen (1014) Insekten, die Millionen von Tonnen Biomasse umfassen, über den USA, berichten sie im Fachjournal Global Change Biology.

Auf und Ab mit Wintertemperaturen

Diese Zahl war über die ausgewerteten zehn Jahre (2012 bis 2021) relativ stabil. Ein starkes Auf und Ab gab es aber auf regionaler Ebene – jeweils rund die Hälfte der Radare beobachtete eine Zu- respektive eine Abnahme der Insektendichte. Die Schwankungen hingen am stärksten mit den Wintertemperaturen zusammen: In Regionen, wo diese wärmer wurden, schrumpften die Insektenpopulationen am meisten. Der Lebenszyklus vieler Insekten – sei es Schlüpfen, Entwicklung oder Parasitenbefall – ist massgeblich durch die Temperatur reguliert.

Die Radarbeobachtung macht erstmals kontinentale Muster fliegender Insekten sichtbar und liefert eine einzigartige zehnjährige Zeitreihe. Es ist jedoch kein Allheilmittel: «Es ist wahrscheinlich, dass der stärkste Rückgang der Insektenpopulationen bereits in den 1970er- und 1990er-Jahren, also vor unserer Datensammlung, stattgefunden hat», sagt Tielens. Auch können die Radargeräte keine einzelnen Insektenarten erkennen. Untersuchungen am Boden zeigen aber, dass vor allem für Umweltveränderungen empfindliche oder seltene Arten verschwinden und häufige Arten zunehmen. «Es ist deshalb wichtig, Radardaten mit anderen Datenquellen – lokale Erhebungen, Citizen Science und so weiter – zu kombinieren», sagt Tielens.

Dennoch können Wetterradare dringend nötige Basisdaten der Insektenpopulation liefern, auf der zukünftige Zeitreihen aufbauen können. Insbesondere im globalen Süden gibt es viel weniger Erhebungen zur Insektenfauna als in Europa und Nordamerika. Und wenn ältere Radardaten mit neuen Rechenmodellen durchforstet werden, lassen sich vielleicht auch historische Veränderungen aufdecken, schreiben die Autorin und die Autoren. Nur in der Schweiz ist die Methode schwierig anzuwenden: viele Wetterradare stehen auf Bergrücken oder -gipfeln und Fluginsekten fliegen somit – buchstäblich – unter dem Radar.

Box: Hinweis für Medienschaffende: Projekt INSECT

Noch bis 2026 läuft eine grosse Studie zur Insektenfauna in der Schweiz. Von 2023 bis 2025 stellten Wissenschaftler/-innen Insektenfallen auf landwirtschaftlichen Flächen, in Wäldern und ungenutzten Lebensräumen auf, um zu verstehen, wie sich Landnutzung und Klima auf Insektenpopulationen in der Schweiz auswirken. Nun werden die Proben analysiert und mit denen von vor 20 Jahren verglichen, um die grössten zukünftigen Bedrohungen zu erkennen und den Naturschutz zu verbessern. Das Projekt ist eine Kooperation von WSL, Agroscope, Infofauna, FibL und der Schweizerischen Vogelwarte.

https://www.wsl.ch/de/projekte/insect-veraenderung-der-insektenfauna-in-der-schweiz/

Tielens E.K., Stepanian P.M., Kelly J.F. (2025) Systematic continental scale monitoring by weather surveillance radar shows fewer insects above warming landscapes in the United States. Glob. Chang. Biol. 31(11), e70587 (14 pp.). https://doi.org/10.1111/gcb.70587
Attached files
  • Monarchfalter: So gut erforscht wie diese sind nur wenige Insektenarten. (Foto: Elske Tielens)
  • Doppler-Wetterradar: Misst nicht nur die Entfernung, sondern auch die Geschwindigkeit von Objekten – egal, ob Tornados oder Insekten. (Foto: Elske Tielens)
  • Dichte von Fluginsekten an einem typischen Sommertag (25. August 2021). Die Farben zeigen die Anzahl Insekten pro Quadratmeter vertikalen Luftraum an, hellere Farben zeigen höhere Dichten. Regen ist schwarz dargestellt. (Grafik: © 2025 The Author(s). Global Change Biology published by John Wiley & Sons Ltd)
Regions: Europe, Switzerland, United Kingdom, North America, United States
Keywords: Science, Environment - science

Disclaimer: AlphaGalileo is not responsible for the accuracy of content posted to AlphaGalileo by contributing institutions or for the use of any information through the AlphaGalileo system.

Testimonials

For well over a decade, in my capacity as a researcher, broadcaster, and producer, I have relied heavily on Alphagalileo.
All of my work trips have been planned around stories that I've found on this site.
The under embargo section allows us to plan ahead and the news releases enable us to find key experts.
Going through the tailored daily updates is the best way to start the day. It's such a critical service for me and many of my colleagues.
Koula Bouloukos, Senior manager, Editorial & Production Underknown
We have used AlphaGalileo since its foundation but frankly we need it more than ever now to ensure our research news is heard across Europe, Asia and North America. As one of the UK’s leading research universities we want to continue to work with other outstanding researchers in Europe. AlphaGalileo helps us to continue to bring our research story to them and the rest of the world.
Peter Dunn, Director of Press and Media Relations at the University of Warwick
AlphaGalileo has helped us more than double our reach at SciDev.Net. The service has enabled our journalists around the world to reach the mainstream media with articles about the impact of science on people in low- and middle-income countries, leading to big increases in the number of SciDev.Net articles that have been republished.
Ben Deighton, SciDevNet

We Work Closely With...


  • e
  • The Research Council of Norway
  • SciDevNet
  • Swiss National Science Foundation
  • iesResearch
Copyright 2025 by AlphaGalileo Terms Of Use Privacy Statement