-- GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DES GSI HELMHOLTZZENTRUMS FÜR SCHWERIONENFORSCHUNG, DER JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ UND DES HELMHOLTZ-INSTITUTS MAINZ --
Erweiterung der Grenzen der superschweren Elemente
Einem internationalen Forschungsteam unter Leitung von GSI/FAIR in Darmstadt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Helmholtz-Instituts Mainz (HIM) ist es gelungen, ein neues Seaborgium-Isotop zu erzeugen. Im Experiment an den GSI/FAIR-Beschleunigeranlagen konnten 22 Atomkerne des Seaborium-257 nachgewiesen werden. Die Ergebnisse sind im Fachjournal
Physical Review Letters veröffentlicht und als "Editor's Suggestion" ausgezeichnet.
Inklusive des neu hinzugekommenen Kerns sind nun insgesamt 14 Isotope des künstlichen superschweren Elements Seaborgiums mit der Ordnungszahl 106 bekannt. Zur Herstellung von Seaborgium-257 diente ein intensiver Chrom-52-Strahl aus dem GSI/FAIR-Linearbeschleuniger UNILAC, der auf eine dünne Schicht aus Blei-206 prallte. Unter Nutzung des hocheffizienten Detektionssystems am gasgefüllten Rückstoßseparator TASCA, kurz für "TransActinide Separator and Chemistry Apparatus", konnte das Forschungsteam 21 Zerfälle eines Seaborgium-257-Kerns durch Spontanspaltung sowie einen Alpha-Zerfall und somit 22 Kerne insgesamt nachweisen. Die Halbwertszeit des neuen Isotops beträgt 12,6 Millisekunden. Das Isotop ist von besonderem Interesse, weil es direkt neben dem bekannten Schalenabschluss bei der Neutronenzahl 152 liegt.
"Unsere Ergebnisse von Seaborgium-257 geben interessante Hinweise darauf, welchen Einfluss Schaleneffekte auf die Spalteigenschaften der superschweren Kerne haben. Eine mögliche Konsequenz ist, dass sich das nächstleichtere, noch unbekannte Seaborgium-256 in einem extrem kurzen Zeitbereich von einer Nanosekunde bis zu sechs Mikrosekunden spalten könnte", erläutert Dr. Pavol Mosat, Erstautor der Veröffentlichung aus der GSI/FAIR-Forschungsabteilung zur Untersuchung der Chemie superschwerer Elemente (SHE-Chemie).
Die Obergrenze des erwarteten Halbwertszeitbereichs liegt nahe an oder gar knapp unterhalb der derzeitigen Nachweismöglichkeiten vorhandener Detektionssysteme – es sei denn, es existiert ein sogenannter K-isomerer Zustand. Solche durch Quanteneffekte stabilisierte, angeregte Zustände sind manchmal langlebiger und ermöglichen einen indirekten Zugang zu den kurzlebigen Kernen. Kürzlich wurden bedeutende Fortschritte in Richtung der Stabilitätsgrenze erzielt, indem das 60-ns-Rutherfordium-252 über seinen längerlebigen K-Isomer-Zustand entdeckt wurde. Die Erforschung der Isotopengrenze für das Element Seaborgium stellt eine natürliche Fortsetzung dieser Experimente dar und wird die Küstenlinie der Insel der Stabilität der superschweren Elemente weiter kartieren.
In Seaborgium-Isotopen wurde bisher noch kein K-isomerer Zustand festgestellt. Im aktuellen Experiment verwendete das Forschungsteam jedoch auch ein Blei-208-Target und beobachtete erstmals starke Hinweise auf das Vorhandensein eines solchen Zustands im Seaborgium-259-Isotop. "Diese Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten, das K-Isomer-Phänomen in anderen Seaborgium-Isotopen zu erforschen und die Synthese des kurzlebigen Seaborgium-256-Isotops zu ermöglichen, falls ein langlebiger K-isomerer Zustand existiert", erklärt Dr. Khuyagbaatar Jadambaa, Leiter des entsprechenden Experimentprogramms bei GSI/FAIR.
"Das erzielte Ergebnis ist ein wunderbares Beispiel für die Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen bei GSI/FAIR – neben der SHE-Chemie-Forschung haben auch die Experimentelektronik und das Targetlabor mitgewirkt – mit unseren internationalen Partnerinstituten", ergänzt Prof. Dr. Christoph E. Düllmann, Leiter der SHE-Chemie bei GSI/FAIR, Professor an der JGU und Direktor des HIM. "Die weitere Erkundung der Stabilität und der Eigenschaften der superschweren Kerne gemeinsam mit unseren nationalen und internationalen Partnern wird auch weiterhin ein wichtiges Forschungsgebiet unseres Forschungsteams sein."
Neben GSI/FAIR, JGU und HIM sind auch die Universität Jyväskylä in Finnland, das Advanced Science Research Center der Japan Atomic Energy Agency in Japan und das Indian Institute of Technology Roorkee in Indien an den Experimenten beteiligt.
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