Genetik: Wie springende DNA das Erbgut umkrempelt
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Genetik: Wie springende DNA das Erbgut umkrempelt



Ein großer Teil des Genoms besteht aus sich wiederholenden Sequenzen, den sogenannten Transposons. Sie sind an wichtigen Prozessen beteiligt, wie der frühen Embryonalentwicklung oder der Kontrolle darüber, welche Gene von der Zelle verwendet werden. Transposons können ihre Position im Erbgut verändern. Sie können aber nicht an jede beliebige Stelle der DNA springen, weil unsere DNA kein loser Faden ist, sondern im Zellkern kompakt gefaltet vorliegt – in einer Struktur namens Chromatin. Manche Stellen sind dabei besonders dicht gepackt und schwer zugänglich. Auf Basis dieses Wissens hat ein Forschungsteam um Professor Lennart Hilbert am Institut für Biologische und Chemische Systeme des KIT nun eine Erklärung für die Gruppenbildung der Transposons gefunden. „Transposons können das Erbgut an bestimmten Stellen ‚auffalten‘ und machen es damit für weitere Transposons zugänglich“, erläutert Hilbert. „So entsteht eine positive Rückkopplung: Ein Transposon lockert die lokale Struktur der DNA, und weitere folgen. Aus vereinzelten Sprüngen werden Landungen in Gruppen.“

Computersimulation der Gruppenbildung von Transposons

Die Forschenden entwickelten eine Computersimulation, die genau diesen Vorgang nachstellt. In der Simulation faltet sich die DNA mit jedem weiteren eingefügten Transposon Schritt für Schritt auf. So dehnen sich die betroffenen Bereiche des Erbgutes aus und es schieben sich Schlaufen aus dem Erbgut hervor, in denen sich die neu gelandeten Transposons häufen.

Evolution zähmt Transposons

Eine weitere Überraschung ergab sich bei der Analyse der mechanischen Eigenschaften von Transposons im Laufe der Evolution. Die meisten dieser Elemente sind heute inaktiv, springen also nicht mehr, haben jedoch über Jahrmillionen hinweg die Architektur der Genome umgestaltet. „Wir haben herausgefunden, dass Transposons, die aktuell oder bis noch vor relativ kurzer Zeit aktiv gesprungen sind, besonders flexibel sind“, so Hilbert „Je länger die Phase des aktiven Springens für ein Transposon in der Evolutionsgeschichte zurückliegt, desto weniger flexibel werden die Transposons. Diese unerwartete Eigenschaft deutet daraufhin, dass Transposons im Laufe der Evolution in ihrer Fähigkeit zu springen ‚gezähmt‘ werden.“

Erkenntnisse über das Verhalten der Transposons helfen Forschenden zu verstehen, wie Genome über Jahrmillionen hinweg geformt wurden. Außerdem sind sie relevant für das Verständnis der Entstehung verschiedener Krankheiten. Besonders interessant sind hierbei LINE-1 Transposons. LINE-1-Sequenzen (steht für: Long Interspersed Nuclear Element-1) sind eine Familie sich wiederholender DNA-Sequenzen, die einen großen Teil des humanen Genoms ausmachen. Sie können während der Entstehung von Krebs reaktiviert werden und beginnen dann wieder zu springen. Ihre unkontrollierte Bewegung im Erbgut kann zu Krebs verursachenden Mutationen führen. (jho)


Originalpublikation
Roshan Prizak, Aaron Gadzekpo, Lennart Hilbert: Chromatin unfolding via loops can drive clustered transposon insertion, Biophysical Journal, 2025. DOI: https://doi.org/10.1016/j.bpj.2025.03.038


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Bildunterschrift: Schlaufenbildung in einem simulierten Abschnitt des Erbgutes. Von links nach rechts sind mehr Transposons in den Bereich eingebaut, die durch Kugeln dargestellt werden. Von oben nach unten sind Simulationen dargestellt, in denen die Schlaufenbildung zunehmend stärker ausgeprägt ist. (Grafik: KIT)
Originalpublikation: Roshan Prizak, Aaron Gadzekpo, Lennart Hilbert: Chromatin unfolding via loops can drive clustered transposon insertion, Biophysical Journal, 2025. DOI: https://doi.org/10.1016/j.bpj.2025.03.038
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