Bonner Forschung verbindet Modellierung und Maschinelles Lernen. NeurIPS-Paper zeigt Potenzial für Klimaanpassung und Katastrophenschutz
Extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Hochwasser stellen Frühwarnsysteme weltweit vor wachsende Herausforderungen. Forschende der Universität Bonn, des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des Lamarr-Instituts für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz haben mit RiverMamba ein neues KI-Modell entwickelt, das Flussabflüsse und Überflutungsrisiken präziser vorhersagen kann als bisherige Verfahren. Das Forschungspapier wurde für die NeurIPS 2025 angenommen – ein Zeichen wissenschaftlicher Exzellenz Bonner Forschung. Damit liefert RiverMamba einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung und Risikovorsorge – Themen, die gerade rund um den UN World Tsunami Awareness Day am 5. November weltweit besondere Aufmerksamkeit erhalten.
KI lernt aus Umwelt- und Klimadaten
RiverMamba basiert auf der sogenannten Mamba-Architektur, einer neuen Generation von Deep-Learning-Modellen, die besonders effizient mit zeitlich-räumlichen Umwelt- und Klimadaten umgehen kann. Das System wertet kontinuierlich Daten zu Niederschlag, Temperatur, Bodenfeuchte und Fließgeschwindigkeit aus und erkennt darin Muster, die für die Entstehung von Hochwasser entscheidend sind.
RiverMamba vereint die Stärken von klassischen, physikalisch-modellbasierten Systemen wie dem Global Flood Awareness System (GloFAS), das global Vorhersagen trifft, aber lokale Besonderheiten unvollständig modelliert und sehr rechenintensiv ist, und lokalen, lernbasierten Modellen wie Googles Flood Hub. Letzteres ist zwar sehr effizient, kann aber nur an existierenden Messtellen Flussabflüsse vorhersagen. RiverMamba lernt sowohl von Daten physikalisch-modellbasierter Systeme als auch direkt aus umfangreichen Umwelt- und Beobachtungsdaten. So kann es auch dann verlässliche Vorhersagen treffen, wenn Messreihen unvollständig sind oder fehlen – etwa in kleineren Einzugsgebieten oder Regionen mit begrenzter Datenlage.
Diese Fähigkeit, komplexe Wechselwirkungen zwischen Wetter, Topografie und Abflussverhalten selbstständig zu modellieren, eröffnet neue Perspektiven für präzisere Hochwasserprognosen weltweit.
Bonner KI-Forschung überzeugt international
Die Entwicklung entstand unter Leitung von Prof. Dr. Jürgen Gall, Principal Investigator am Lamarr-Institut, in enger Zusammenarbeit mit dem Transdisziplinären Forschungsbereich „Modelling“, dem Sonderforschungsbereichen „Integriertes Graduiertenkolleg im DFG-Sonderforschungsbereich „DETECT – Regionaler Klimawandel: Die Rolle von Landnutzung und Wassermanagement“ (SFB 1502 DETECT) der Universität Bonn und dem Projekt „Ein statistisch robustes Kl-Grundlagenmodell der Atmosphäre für bessere Kurzfristvorhersagen von Extremereignissen" (RAINA), ein gemeinsames Projekt der Universität Bonn, des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und des Forschungszentrums Jülich (FZJ). Das interdisziplinäre Projekt verknüpft KI-Forschung mit Klimamodellierung, Hydrologie und Wettervorhersage – und zeigt, wie exzellente Forschung aus NRW zur Bewältigung globaler Herausforderungen beiträgt.
„Mit RiverMamba zeigen wir, wie sich KI gezielt einsetzen lässt, um Umweltprozesse realitätsnäher und effizienter zu modellieren“, sagt Prof. Dr. Jürgen Gall. „Solche datenbasierten Ansätze können bestehende Frühwarnsysteme sinnvoll ergänzen – ein wichtiger Schritt hin zu verlässlicheren Prognosen bei zunehmenden Extremwetterereignissen.“
Das Forschungsteam stellt seine Ergebnisse am 4. Dezember auf der diesjährigen NeurIPS-Konferenz in San Diego vor – einer der weltweit renommiertesten Fachtagungen für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz, auf der jährlich nur ein Bruchteil der eingereichten Beiträge angenommen wird. Die Annahme des Papers unterstreicht die internationale Sichtbarkeit und wissenschaftliche Exzellenz der Bonner Forschung: Spitzenforschung aus NRW trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung datenbasierter Umwelt- und Klimamodelle bei.
Lamarr-Institut für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz
Das Lamarr-Institut gestaltet eine neue Generation der Künstlichen Intelligenz (KI), die leistungsstark, nachhaltig, vertrauenswürdig und sicher zur Lösung fundamentaler Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft beiträgt. Als eines der zentralen KI-Kompetenzzentren Deutschlands steht das Lamarr-Institut für wertebasierte, international wettbewerbsfähige und anwendungsorientierte Spitzenforschung und engagiert sich auf regionaler, nationaler sowie internationaler Ebene in Wissenschaft, Bildung und Technologietransfer. Getragen wird das Forschungsinstitut von der Technischen Universität Dortmund, der Universität Bonn sowie den Fraunhofer-Instituten für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin und für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund. Das Lamarr-Institut wird im Rahmen der KI-Strategie der Bunderegierung durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sowie das Land Nordrhein-Westfalen dauerhaft gefördert.
Regions: Europe, Germany, North America, United States
Keywords: Applied science, Artificial Intelligence, Science, Environment - science