Bildsensoren aus Perovskit: Bessere Bilder für Mensch und Maschine
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Bildsensoren aus Perovskit: Bessere Bilder für Mensch und Maschine

19/06/2025 Empa

Bildsensoren stecken in jedem Smartphone und jeder Digitalkamera. Sie erkennen Farben auf eine ähnliche Art wie auch das menschliche Auge. Wo auf unserer Netzhaut einzelne Zapfenzellen Rot, Grün und Blau (RGB) erkennen, sind es bei Bildsensoren einzelne Pixel, die die entsprechenden Wellenlängen absorbieren und in elektrische Signale umwandeln.

Die meisten Bildsensoren bestehen aus Silicium. Dieses Halbleiter-Material absorbiert normalerweise das Licht im gesamten sichtbaren Spektrum. Um daraus RGB-Bildsensoren zu bauen, muss das einfallende Licht gefiltert werden. Pixel für Rot enthalten Filter, die Grün und Blau blockieren (und so verschwenden), und so weiter. Jeder Pixel in einem Silicium-Bildsensor erhält so nur rund ein Drittel der gesamten einfallenden Lichtmenge.

Forschende rund um Maksym Kovalenko, die sowohl am Empa-Labor «Thin Films and Photovoltaics» als auch am Labor für Anorganische Chemie der ETH Zürich arbeiten, haben in Zusammenarbeite mit dem Empa-Labor «Transport at Nanoscale Interfaces» eine neue Lösung vorgeschlagen, mit der eine Kamera das gesamte Licht für die Farbaufzeichnung verwenden kann. Seit bald zehn Jahren forschen sie an Bildsensoren aus Perovskit. In einer neuen Studie, die soeben in der renommierten Fachzeitschrift «Nature» publiziert wurde, zeigen sie: Die neue Technologie funktioniert.

Grundlage für den innovativen Bildsensor ist Bleihalogenid-Perovskit. Dieses kristalline Material ist ein Halbleiter. Im Gegensatz zu Silicium lässt es sich aber besonders einfach verarbeiten – und seine physikalischen Eigenschaften variieren mit seiner genauen chemischen Zusammensetzung. Genau das machen sich die Forschenden bei der Herstellung von Perovskit-Bildsensoren zunutze. Enthält das Perovskit etwas mehr Jod-Ionen, absorbiert es rotes Licht. Für Grün fügen die Forschenden mehr Brom hinzu, für Blau mehr Chlor – ganz ohne Filter. Für die anderen Wellenlängen bleiben die Perovskit-Pixelschichten transparent, lassen sie also durch. Somit können die Pixel für Rot, Grün und Blau im Bildsensor übereinandergestapelt werden, anders als bei Silicium-Bildsensoren, wo die Pixel nebeneinander liegen.

Funktionierende Bildsensoren

Dank dieser Anordnung können Bildsensoren auf Perovskit-Basis auf derselben Fläche theoretisch dreimal so viel Licht einfangen wie herkömmliche Bildsensoren – und das bei dreimal besserer Auflösung. Bereits vor einigen Jahren konnte Kovalenkos Team ihre Funktionsweise demonstrieren, zunächst mit einzelnen überdimensionalen Pixeln aus millimetergrossen Perovskit-Kristallen. Nun haben sie erstmals zwei funktionierende Dünnschicht-Bildsensoren aus Perovskit gebaut. «Wir entwickeln die Technologie weiter von einem groben ‹Proof of Concept› und hin zu einer Dimension, in der sie tatsächlich zum Einsatz kommen könnte», sagt Kovalenko. Ein natürlicher Entwicklungsweg für Elektronik-Komponenten: «Der erste Transistor bestand aus einem grossen Stück Germanium mit ein paar Anschlüssen. Heute, 60 Jahre später, messen Transistoren nur noch wenige Nanometer.»

Die Perovskit-Bildsensoren stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung. Mit den zwei Prototypen konnten die Forschenden jedoch zeigen, dass die Technologie sich durchaus miniaturisieren lässt. Hergestellt mit in der Industrie üblichen Dünnschicht-Verfahren, haben die Sensoren zumindest in der Vertikale ihre Zielgrösse erreicht. «Es gibt natürlich immer Optimierungspotenzial», merkt Co-Author Sergii Yakunin, der Teilaktivitäten von Kovalenkos Forschungsgruppe leitet.

Die beiden Prototypen, die sich in der Auslese-Technologie unterscheiden, haben die Forschenden auf Herz und Nieren experimentell untersucht. Ihre Ergebnisse belegen die Stärken von Perovskit: Die Sensoren sind lichtempfindlicher, geben die Farben präziser wider und können eine deutlich höhere Auflösung bieten als die herkömmliche Silicium-Technologie. Dadurch, dass jeder Pixel das gesamte Licht einfängt, entfallen zudem einige Artefakte der Digitalfotografie, etwa das Demosaicing und der Moiré-Effekt.

Maschinelles Sehen für Medizin und Umwelt

Doch Digitalkameras für Endverbraucher sind nicht das einzige Anwendungsgebiet für Perovskit-Bildsensoren. Aufgrund der Eigenschaften von Perovskit eignen sie sich auch besonders gut für Anwendungen im Bereich des maschinellen Sehens. Der Fokus auf Rot, Grün und Blau ist dem menschlichen Auge geschuldet: Unsere Bildsensoren arbeiten im RGB-Format, weil unsere Augen im RGB-Modus sehen. Für spezifische Aufgaben lohnt es sich aber, abweichende Wellenlängenbereiche zu definieren, die von einem Computer ausgelesen werden. Häufig sind es mehr als drei – man spricht von der sogenannten hyperspektralen Bildgebung.

Für diese haben Perovskit-Sensoren einen entscheidenden Vorteil. Die Wellenlängenbereiche, die sie absorbieren, können die Forschenden sehr präzise steuern – für jede Schicht. «Mit Perovskit können wir zahlreiche Farbkanäle definieren, die sich klar voneinander unterscheiden», sagt Yakunin. Silicium, mit seinem breiten Absorptionsspektrum, benötigt dafür zahlreiche Filter und aufwändige Computeralgorithmen. «Das ist bereits bei einer relativ kleinen Anzahl Farben sehr unpraktisch», resümiert Kovalenko. Hyperspektrale Bildsensoren aus Perovskit könnten etwa im Bereich medizinischer Analysen oder bei der automatisierten Überwachung der Landwirtschaft und der Umwelt zum Einsatz kommen.

In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden ihre Perovskit-Bildsensoren weiter verkleinern und gleichzeitig die Anzahl Pixel erhöhen. Ihre beiden Prototypen haben Pixelgrössen zwischen 0,5 und 1 Millimeter. Pixel in kommerziellen Bildsensoren befinden sich im Mikrometerbereich. «Es sollte sogar möglich sein, aus Perovskit noch kleinere Pixel zu machen als aus Silicium», so Yakunin. Auch müssen die elektronischen Anschlüsse und die Verarbeitungstechniken für die neue Technologie angepasst werden. «Die heutige Auslese-Elektronik ist für Silicium optimiert. Perovskit ist aber ein anderer Halbleiter, mit anderen Materialeigenschaften», sagt Kovalenko. Die Forschenden sind jedoch überzeugt: Diese Herausforderungen lassen sich meistern.
S Tsarev, D Proniakova, X Liu, E Wu, G Matt, K Sakhatskyi, L Ferraressi, R Kothandaraman, F Fu, I Shorubalko, S Yakunin, MV Kovalenko: Vertically stacked monolithic perovskite colour photodetectors; Nature (2025); doi: 10.1038/s41586-025-09062-3
Fichiers joints
  • Hergestellt im Dünnschicht-Verfahren: Einer der beiden Sensor-Prototypen, mit denen die Forschenden demonstriert haben, dass sich die Perovskit-Technologie miniaturisieren lässt. Bild: Empa / ETH Zürich
  • Rot, grün, blau: Die einzelnen Schichten des Perovskit-Sensors sind für die anderen Wellenlängen transparent und können somit gestapelt werden. Bild: Empa / ETH Zürich
  • Eine Farbpalette, abgebildet mit einem Bildsensor-Prototyp auf Perovskit-Basis. Die präzise Farbwidergabe ist eine der Stärken der neuen Technologie. Bild: Empa / ETH Zürich
19/06/2025 Empa
Regions: Europe, Switzerland
Keywords: Applied science, Technology

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