Sternhaufen oder extreme Zwerggalaxien?
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Sternhaufen oder extreme Zwerggalaxien?

15.08.2025 Universität Bonn

Astrophysiker der Universität Bonn und aus Zanjan finden Hinweise auf alternativen Entstehungsprozess für kosmisches Rätsel

„Ursa Major III“ umkreist in mehr als 30.000 Lichtjahren Entfernung als lichtschwächstes Objekt unsere Milchstraße. Bislang galt es als Zwerggalaxie, deren große Masse überwiegend aus Dunkler Materie bestehen sollte. Doch ein internationales Forschungsteam von Astrophysikern der Universität Bonn und des Institute for Advanced Studies in Basic Sciences
(Iran) hat nun Hinweise darauf gefunden, dass es sich vielmehr um einen kompakten Sternhaufen mit einem Kern aus Schwarzen Löchern handeln könnte.
Die Studie ist nun im Journal „Astrophysical Journal Letters“ erschienen.

Im Zentrum der Untersuchung stehen Himmelskörper, die sich bislang weder eindeutig als Sternhaufen noch als Zwerggalaxien klassifizieren lassen.
Diese Objekte umkreisen die Milchstraße in Entfernungen von über 30.000 Lichtjahren. Äußerlich ähneln sie klassischen Sternhaufen, weisen jedoch ungewöhnlich hohe Masse-zu-Licht-Verhältnisse auf, die teils hundert- bis tausendfach höher sind als bei typischen Zwerggalaxien. Diese Besonderheit führte bisher zu der Annahme, dass sie große Mengen Dunkler Materie enthalten. „Die genauen Ursachen konnten bislang weder durch etablierte Modelle Dunkler Materie noch mit alternativen Theorien zufriedenstellend erklärt werden. „Gerade deshalb gelten solche Zwischenobjekte als ‚Hot Topic‘ in der Astrophysik und sind Gegenstand intensiver Forschung“, sagt Doktorand und Erstautor Ali Rostami-Shirazi vom iranischen Institute for Advanced Studies in Basic Sciences in Zanjan.

Ursa Major III im Fokus: Neue Hinweise auf einen Dark Star Cluster

Ursa Major III stellt das lichtschwächste bekannte Satellitenobjekt der Milchstraße dar. Satellitenobjekte sind kleine Begleitgalaxien, die die Milchstraße umkreisen und wichtige Hinweise auf deren Entstehung und Zusammensetzung liefern. Ursa Major III galt bislang als dunkle Zwerggalaxie – eine kleine Galaxie, deren Masse überwiegend aus Dunkler Materie bestehen sollte. Doch die Simulationen des Forschungsteams deuten nun darauf hin, dass es sich bei Ursa Major III in Wirklichkeit um ein sogenanntes Dark Star Cluster handeln könnte – ein kompakter Sternhaufen, dessen Gravitation nicht durch Dunkle Materie, sondern durch einen Kern aus Schwarzen Löchern und Neutronensternen zusammengehalten wird. „Dark Star Cluster entstehen, wenn gravitative Wechselwirkungen mit der Milchstraße über Milliarden Jahre hinweg die äußeren Sterne aus einem Sternhaufen herauslösen“, erklärt Prof.
Dr. Hosein
Haghi vom iranischen Institute for Advanced Studies in Basic Sciences, der zurzeit an der Universität Bonn forscht. Zurück bleibe ein dunkler, massereicher Kern, der kein Licht aussendet. Ein Effekt, der laut der Studie bislang fälschlich als Beleg für Dunkle Materie gewertet wurde.

Simulationen auf dem Prüfstand

Um die Hypothese zu überprüfen, simulierte das Forschungsteam die Entwicklung von Ursa Major III über kosmische Zeiträume hinweg. Mithilfe spezialisierter N-Körper-Simulationen, die die gravitativen Wechselwirkungen Tausender von Sternen physikalisch exakt berechnen, rekonstruierte das Forschungsteam, wie Ursa Major III im Laufe der Zeit seine heutige Struktur entwickelt hat. Die Simulationen beruhen auf den neusten Beobachtungsdaten, einschließlich der Umlaufbahnbewegung von Ursa Major III und seiner chemischen Zusammensetzung.

Die Berechnungen des Forschungsteams zeigen, dass der beobachtete Zustand von Ursa Major III auch ohne Dunkle Materie erklärt werden kann – allein durch einen dichten Kern aus Schwarzen Löchern, der die verbliebenen Sterne gravitativ zusammenhält. „Mit unserer Arbeit zeigen wir zum ersten Mal, dass diese Objekte recht sicher ganz normale Sternhaufen sind“, sagt Prof. Dr.
Pavel Kroupa, Mitglied der Transdisziplinären Forschungsbereiche „Modelling“ und „Matter“ an der Universität Bonn. Er führt weiter aus: „Diese Resultate lösen ein großes Rätsel in der Astrophysik.“ Mit dem richtigen Ansatz für Computersimulationen ließen sich solche Probleme gut lösen, wodurch scheinbar „exotische Bestandteile“ in der Astrophysik verschwinden.

Das Bonner Team sieht sich als führend auf diesem Gebiet an. Über viele Jahre hinweg entwickelten sie spezialisierte numerische Methoden, um die hochkomplexe Dynamik solcher Sternsysteme detailliert abbilden zu können.
Kroupa: „Unsere aktuellen Ergebnisse liefern eine neue Grundlage für das Verständnis rätselhafter Himmelsobjekte und eröffnen zugleich neue Perspektiven für die Galaxienforschung.“

Förderung und beteiligte Institutionen:

An der Studie waren neben der Universität Bonn das Institute for Advanced Studies in Basic Sciences (IASBS) in Zanjan (Iran) und die Karls-Universität in Prag (Tschechien) beteiligt. Die Studie wurde von der Iran National Science Foundation gefördert.

Publikation: Ali Rostami-Shirazi, Hosein Haghi, Akram Hasani Zonoozi, Pavel
Kroupa: Dark Star Clusters or Ultra-Faint Dwarf galaxies? Revisiting UMa3/U1, „Astrophysical Journal Letters“, DOI: 10.3847/2041-8213/adf320,
URL: https://doi.org/10.3847/2041-8213/adf320
http://arxiv.org/abs/2508.10543
Publikation: Ali Rostami-Shirazi, Hosein Haghi, Akram Hasani Zonoozi, Pavel
Kroupa: Dark Star Clusters or Ultra-Faint Dwarf galaxies? Revisiting UMa3/U1, „Astrophysical Journal Letters“, DOI: 10.3847/2041-8213/adf320,
URL: https://doi.org/10.3847/2041-8213/adf320
Angehängte Dokumente
  • Ursa Major III/UNIONS 1: ein uraltes, kompaktes Sternsystem mit etwa60 Sternen, dessen ungewöhnlich hohe Geschwindigkeitsdispersion auf mehrere tausend Sonnenmassen versteckter Materie innerhalb des Sternhaufens hindeutet. Bild: CFHT/UNIONS/S. Gwyn
15.08.2025 Universität Bonn
Regions: Europe, Germany, Czech Republic, Middle East, Iran
Keywords: Science, Physics, Space Science

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